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Plenarrede: Inklusion muss in allen politischen Fachbereichen mitgedacht und umgesetzt werden

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Politik – die Regierungen, ob im Bund, in NRW oder in den Kommunen – ist jetzt etwa seit zwei Jahren im Krisenmodus. Ob Corona, Ukraine oder Energiekrise – all das stellt uns vor nicht gekannte Herausforderungen, auch in diesem Haushaltsverfahren. Deshalb ist der Haushalt, den wir hier vorlegen, so wichtig; denn er muss – und das tut er auch – Wege und Perspektiven für die Zukunft aufzeigen.

Auch wenn die Krisen viele aktuelle Entscheidungen stark beeinflussen, dürfen wir nicht vergessen, dass wir immer noch viele strukturelle Fragen zu beantworten haben, dass wir in NRW alles tun müssen, um die drohende Klimakatastrophe abzuwenden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gleichzeitig steht für uns fest: Armut war schon vor den aktuellen Krisen ein strukturelles Problem in unserem Land, das jetzt nur noch verschärft wird. Daraus leitet sich für uns ein großer Anspruch ab. Wir wollen, dass dieser Strukturwandel, dass der sozialökologische, transformationsfähige und krisenfeste Industriestandort ein Gewinn für die Menschen in Nordrhein-Westfalen ist, dass die Menschen davon profitieren, dass wir jetzt für sie anpacken.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dabei ist klar: Wir erleben auch eine der größten Krisen auf dem Arbeitsmarkt. Der Fach- und Arbeitskräftemangel hat sich zunehmend zugespitzt. Wir wollen daher die Ausbildung attraktiver machen, wir weiten die Finanzierung von Unterstützungs- und Coachingangeboten wie „Kurs auf Ausbildung“ oder das Ausbildungsprogramm NRW aus, damit Jugendliche und Betriebe besser zueinander finden. Wir führen trotz der schwierigen Haushaltslage das erfolgreiche Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ weiter. Wer die berufliche Ausbildung attraktiver machen will, muss sie auch finanziell mit der akademischen gleichstellen. Wir wenden 5,5 Millionen Euro für die Meisterprämie auf und investieren so in die Zukunft des Handwerks unseres Landes.

Ja, das schafft mehr Fachkräfte, und davon profitiert der Wirtschaftsstandort NRW. Aber vergessen wir nicht, dass jede Fachkraft, jede abgeschlossene Ausbildung, jeder Meister, jeder Mensch im festen Arbeitsverhältnis einer ist, der selbstbestimmt und unabhängig sein Einkommen erwirtschaften kann.

Doch wir müssen auch denjenigen helfen, denen es schlechter geht. Auf der Landesarmutskonferenz in der nächsten Woche werden wir gemeinsam mit Engagierten und Betroffenen einen Aktionsplan gegen Armut erarbeiten und den Kampf gegen Armut in den Fokus unseres politischen Handelns rücken.

Wir fördern mit der Initiative „Endlich ein Zuhause“ auch strukturell den Kampf gegen Wohnungslosigkeit in NRW. Das haben Sie in Ihrer Rede gerade vielleicht ausgelassen, Kollegin Teschlade. Mit einer Verdoppelung der Mittel für die Kältehilfe auf 850.000 Euro unterstützen wir den Kampf gegen die Kälte in den Kommunen; denn wir lassen niemanden kalt auf dem Boden sitzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mit 4 Millionen Euro legen wir das Programm „Zusammen im Quartier“ für Kinder und Jugendliche in Armut neu auf. Auch die Tafeln unterstützen wir in der aktuellen Notsituation mit 2 Millionen Euro.

Lassen Sie mich eins sagen: Armut, Wohnungslosigkeit und Tafeln sind keine Zustände, die es in einem reichen Land wie Deutschland geben sollte.

(Beifall von Lena Teschlade [SPD])

Wir werden in den nächsten Jahren weiterhin daran arbeiten, um dieses Problem auf einer strukturellen Ebene zu lösen. Der Aktionsplan gegen Armut, den ich schon erwähnt habe, ist da ein erster Schritt.

Aber solange es Wohnungslosigkeit gibt, solange es Menschen gibt, bei denen das Geld fürs Essen knapp wird, solange müssen wir auch diejenigen fördern, die die akute Not dort jeden Tag lindern. Ja, dafür geben wir Geld. Aber von dieser Stelle spreche ich auch ein wirklich ernst gemeintes Dankeschön an die vielen Haupt- und Ehrenamtlichen in den Kommunen vor Ort, die sich bei Trägern oder frei jeden Tag gegen Armut, Hunger und Wohnungslosigkeit engagieren, aus.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Menschen mit Behinderung werden viel zu oft noch vom alltäglichen Leben ausgeschlossen. Aber Inklusion ist ein Menschenrecht. Wir fördern im Haushalt dafür die sieben Kompetenzzentren „Selbstbestimmt leben“ und das Projekt „Inklusion vor Ort“ in vier Modellkommunen und setzen darüber hinaus eine interministerielle Arbeitsgruppe Inklusion ein.

Inklusion muss ein Kerngedanke der Sozialpolitik der Landesregierung sein. Sie muss aber auch Leitbild für alle anderen Ressorts sein; denn Inklusion muss in allen politischen Fachbereichen mitgedacht und umgesetzt werden. Auch hier kann man im Haushalt nicht alle Probleme lösen, aber wir gehen sie beherzt an.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich zum Schluss noch die Hilfe für soziale Träger*innen ansprechen. Auch uns als schwarz-grüne Koalition ist es ein Herzensanliegen, den Menschen, die jeden Tag helfen, aus der Krise zu verhelfen. Sie haben gesagt, ich hätte nur nach Berlin verwiesen. Ich möchte noch einmal richtigstellen, dass an dieser Stelle der Bundesgesundheitsminister eigentlich angekündigt hatte, ein solches Paket anzulegen. Ich freue mich, wenn wir gemeinsam dazu kommen, mit diesem Krisenbewältigungspaket die sozialen Einrichtungen in unserem Land zu unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

 

– Zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2023, Einzelplan Arbeit und Soziales – zweite Lesung